Einblicke
Die neue Welt der Zölle
|
Global Equity Observer
|
• |
März 05, 2025
|
März 05, 2025
|
Die neue Welt der Zölle |
Im ersten Monat zurück im Oval Office gab es wahrlich keinen Mangel an Schlagzeilen. In den ersten 30 Tagen seiner zweiten Amtszeit hat der US-Präsident mehr als 70 Durchführungsverordnungen unterzeichnet, wobei die Einwanderung und Zölle auf seiner Prioritätenliste offenbar ganz oben stehen.
Zum Erstellungszeitpunkt dieses Artikels beinhalten die unterzeichneten Durchführungsverordnungen einen (bislang ausgesetzten) Zoll von 25% auf alle aus Mexiko und Kanada eingeführten Waren (mit Ausnahme kanadischer Energieausfuhren, auf die ein Zoll von 10% erhoben werden soll), einen Zoll von 10% auf alle Importe aus China und erweiterte Zölle auf Stahl und Aluminium. Darüber hinaus hat Trump Pläne zur Einführung von Gegenzöllen für US-Handelspartner angekündigt, die angeblich „unfaire Praktiken“1 anwenden, und kürzlich gegenüber Journalisten erklärt, dass ein weiterer Zoll von 25% auf Autos, Chips und Pharmazeutika in Erwägung gezogen wird. In Anbetracht der Diskussion über einen Zoll von 25% gegen die Europäische Union (EU) und weitere 10% gegen China sowie der Tatsache, dass Zölle für umfassendere politische Ziele wie den Krieg gegen Drogen und nicht nur für Handelsziele eingesetzt werden, gehen wir davon aus, dass es in den kommenden Monaten weitere Zolländerungen geben wird.
Als titelspezifische Investoren mit Fokus auf den Fundamentaldaten versuchen wir, die möglicherweise erheblichen Auswirkungen solcher Regierungsmaßnahmen auf unsere Portfoliounternehmen zu bewerten. Im Folgenden betrachten wir den historischen Hintergrund, der zur Einführung von Zöllen beigetragen hat, und bewerten ihre potenziellen Auswirkungen auf unsere Portfoliounternehmen – sowohl direkter als auch nuancierter Art.
Abkehr von der Welt des „Freihandels“
Das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) wurde 1947 ins Leben gerufen. Es sollte den Frieden nach dem Zweiten Weltkrieg fördern und bedeutete eine Abwendung von Protektionismus, einschließlich Zöllen und Quoten, der den Welthandel vor dem Krieg zum Erliegen gebracht hatte. Die USA traten dem Abkommen Anfang 1948 bei, zu einer Zeit, als die US-Handelsbilanz einen Überschuss aufwies. Im Zuge dessen öffnete sich dieser große und wachsende Markt.2 In der Nachkriegszeit konnten viele Länder innerhalb des GATT, wie etwa Japan, ein schnelles Wirtschaftswachstum verzeichnen, was zum Teil auf begehrte Exportgüter zurückzuführen war, für die man in den USA gerne ein Handelsdefizit in Kauf nahm. In den darauffolgenden Jahren machte die Aufwertung des US-Dollars gegenüber ausländischen Währungen (ein Trend, der in den 1980er Jahren einsetzte und bis heute anhält) Importe attraktiver, zumindest aus Sicht der US-Verbraucher. Dies war einer der Faktoren, die für ein äußerst wettbewerbsintensives Umfeld für US-amerikanische Fertigungsunternehmen sorgten, die angesichts der günstigeren internationalen Produktion ins Hintertreffen gerieten.
In den letzten 40 Jahren betrug das Handelsdefizit der USA im Durchschnitt fast 3% des Bruttoinlandsprodukts (BIP)3, und der Anteil der USA an der weltweiten Produktion ist von 28% im Jahr 2002 auf mittlerweile 16%4 gesunken. Das Wahlversprechen von Präsident Trump, die Zölle deutlich zu erhöhen, hat ihm wohl dabei geholfen, die Unterstützung und vor allem die Stimmen der Arbeiter zu gewinnen, die vom derzeitigen System enttäuscht sind. Seiner Meinung nach werden die von ihm vorgeschlagenen Zölle helfen, US-Unternehmen zu schützen, die Produktion wieder in die USA zu verlagern und Arbeitsplätze für US-Arbeitnehmer zu schaffen, während zugleich das seit langem bestehende Handelsdefizit des Landes verringert wird. Die Auswirkungen bleiben unter dem Strich jedoch ungewiss, da Zölle im Vergleich zu dem seit mehreren Jahrzehnten bestehenden Freihandelsumfeld für die Verbraucher inflationär und für die Unternehmen besorgniserregend sein dürften, was sich negativ auf das Verbrauchervertrauen auswirken und das Wachstum verlangsamen könnte. Dem Peterson Institute for International Economics zufolge würden ein von den USA erhobener Pauschalzoll von 10% und die anschließenden Vergeltungsmaßnahmen der Handelspartner dazu führen, dass das US-Wachstum in den zwei Jahren nach der Einführung um 1% nachlässt und auf unbestimmte Zeit weiter gebremst wird.5
Unterdessen ist die Wirksamkeit von Zöllen als Mittel zur Verbesserung der Wirtschaft umstritten, und die bereits angekündigten Zölle markieren künftig eine deutliche Abkehr von dem bisherigen Freihandelsumfeld. Wenn wir die potenziellen Auswirkungen von Zöllen auf unsere Portfolios betrachten, würden wir diese im Allgemeinen einerseits als direkt und andererseits als ungewiss/nuanciert einstufen.
Direkte Auswirkungen
Da unsere hochwertigen Portfolios eher auf Dienstleistungen als auf Waren ausgerichtet sind, gehen wir derzeit davon aus, dass die meisten Unternehmen in unseren Qualitätsportfolios nur begrenzten direkten Auswirkungen von Zöllen ausgesetzt sein dürften. Die lokale Fertigung, hohe Bruttomargen und Preismacht dürften währenddessen das Ausmaß der Auswirkungen für die Warenproduzenten in unseren Portfolios mindern.
In unseren Qualitätsportfolios werden unsere verbraucherorientierten Bestände und Halbleitertitel außerhalb der USA (sofern vorhanden) von den angekündigten protektionistischen Maßnahmen wahrscheinlich direkt betroffen sein.
Unserer Einschätzung nach sind die hochwertigen Verbrauchertitel, die wir halten, dank ihrer hohen Bruttomargen und Preissetzungsmacht gegenüber ihren Vergleichsunternehmen verhältnismäßig gut aufgestellt. Die hohen Bruttomargen begrenzen die Preissteigerungen, die zur Abfederung der Zölle erforderlich wären, während die Preismacht die erforderlichen Preissteigerungen wiederum leichter durchführbar macht. So könnten unsere Luxus- und Kosmetikmarken betroffen sein, soweit sie in Europa produzieren und in die USA liefern. Andererseits profitieren sie von hohen Bruttomargen und haben aufgrund ihrer loyalen und relativ wohlhabenden Kundenbasis auch eine starke Preismacht. Ein US-Einzelhandelsunternehmen für Kraftfahrzeuge, an dem wir beteiligt sind, dürfte aufgrund seiner starken Preismacht keine nennenswerten Auswirkungen verspüren. Zwar bezieht das Unternehmen einige Teile aus dem Ausland, allerdings handelt es sich dabei in der Regel um nicht-diskretionäre Kategorien, über die das Unternehmen eine stärkere Preismacht hat. Dennoch erkennen wir an, dass bestimmte Branchen stärker betroffen sein könnten. Branchen wie die internationale Getränke-, Spirituosen- und Brauindustrie sehen sich mit steigenden Kosten für Einfuhren in die USA konfrontiert, während US-Marken in einigen Märkten ebenfalls mit Verbraucherboykotten und Vergeltungsmaßnahmen zu kämpfen haben.
Wir gehen davon aus, dass unsere Halbleiterunternehmen außerhalb der USA (sofern in den Portfolios vertreten) betroffen sein könnten, entweder durch Zölle oder für den Fall, dass sie dazu gedrängt werden, ihre Produktion und Investitionen in den USA zu erhöhen, um den Strafzöllen zu entgehen. Die von uns gehaltenen Halbleiterwerte verfügen über eine sehr starke Marktposition. Sollte es zu Zöllen kommen, hätten ihre Kunden vorerst wohl kaum eine andere Wahl, als die höheren Kosten zu tragen. Strukturell gesehen könnten Zölle jedoch die Halbleiternachfrage in der gesamten Branche senken, was zu geringeren Investitionsausgaben führen könnte – wenngleich der recht unvorhersehbare Weg zur Einführung von GenAI (generative künstliche Intelligenz) wohl mit vergleichsweise mehr Unwägbarkeiten aufwartet.
Ungewisse/nuancierte Auswirkungen
Die sekundären und längerfristigen Auswirkungen von Zöllen dürften ungewisser und nuancierter ausfallen. Andere Länder könnten Vergeltungsmaßnahmen ergreifen, indem die EU zum Beispiel US-Technologieunternehmen mit hoher Marktkapitalisierung ins Visier nimmt, während China den Export von Technologiekomponenten verbieten könnte, die von US-Technologieunternehmen benötigt werden. Außerdem dürfen auch die makroökonomischen Auswirkungen nicht außer Acht gelassen werden. Eine höhere Inflation könnte zu höheren Zinssätzen führen und sich indirekt auf die Kreditvergabe auswirken, indem sie eine verzögerte zyklische Erholung im Kreditgeschäft, insbesondere bei der Hypothekenvergabe, nach sich zieht. Ferner könnten die Unternehmensmargen durch die Inflation unter Druck geraten, obwohl die Preismacht den Unternehmen im Portfolio hier helfen sollte.
Die große Unbekannte
Welche Auswirkungen ergeben sich daraus? Insoweit sie die Inflation anheizen, werden Zölle die US-Verbraucher und möglicherweise die Unternehmensmargen in Mitleidenschaft ziehen. Wenn Zölle oder andere Maßnahmen eine energischere Reaktion Chinas oder einen Bruch mit historischen Verbündeten auslösen, könnte eine solche Geopolitik für die Märkte eine unschöne Überraschung bergen. Denn Letztere sind ungeachtet der erhöhten Unsicherheit durch die Politik der „strategischen Unklarheit“ des US-Präsidenten nach wie vor von hohen Erwartungen geprägt. Sollte die Zollaktivitäten zu einer breiteren Konjunkturabschwächung führen, vielleicht weil sie einen Handelskrieg auslösen, geben die Entwicklungen in der Vergangenheit indes Anlass zu der Vermutung, dass die Preismacht und die wiederkehrenden Einnahmen unserer Qualitätsportfolios erneut für deutlich widerstandsfähigere Gewinne als am Markt insgesamt sorgen sollten.
![]() |
Managing Director
|
![]() |
Megan McCarthy
Senior Associate
|