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Unabhängiges Denken
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Global Equity Observer
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Juli 11, 2024
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Der Zeitpunkt einer Anlage in einen Index ist wichtig. Die Erwartungen am Markt sind wieder hoch: Die Bewertungskennzahlen sind hoch, die Prognosen für das Gewinnwachstum des MSCI World in den nächsten zwei Jahren liegen im zweistelligen Bereich und die Margen haben Höchststände erreicht. Für passive Anleger sind diese Entwicklungen unseres Erachtens riskant. Am Markt herrscht derzeit ein Konsens über die folgenden drei Anlagen: Anlagen in die US-Wirtschaft, Anlagen im Bereich der künstlichen Intelligenz und die Positionierung für ein „sanfte Landung“ oder „keine Landung“ in den USA. Sollten sich diese Konsenserwartungen nicht bestätigen, könnte dies negative Folgen für Indexanleger haben.
Quelle: Factset. Stand der Daten: 31. März 2024.
Für viele Anleger war die Anlage in einen Index in den letzten Jahren eine leichte Entscheidung. Eine Ära mit historisch niedrigen Zinsen und einer lockeren Geldpolitik bedeutete, dass das Forward-KGV des S&P 500 Index vom 14-fachen auf das 18-fache stieg, während die Rendite auf zehnjährige US-Treasuries von 4% im Jahr 2010 auf nur 0,5% im Jahr 2020 fiel.1 Seit dem Abverkauf von 2022 hat das KGV des S&P 500 seine Aufwärtstendenz fortgesetzt und liegt wieder beim 21-fachen – nahezu 40% über seinem Tiefstand von 2022.2 Da bei einer steigenden Flut alle Boote höher liegen, konnten Indexanleger beträchtliche Gewinne erzielen. Das SPIVA-Research von S&P zeigt, dass passive Anlagen in den USA über Zeiträume von einem, drei, fünf, zehn und fünfzehn Jahren die meisten aktiv verwalteten Large-Cap-Fonds geschlagen haben.3 Für den Durchschnittsanleger sind die Transparenz und Liquidität der Indexanlage sowie die niedrigeren Kosten ebenfalls attraktiv.
Die Diskussion über aktives versus passives Investieren ist nicht neu. Es handelt sich jedoch nicht zwangsläufig um eine Entweder-oder-Entscheidung. Wir würden sogar argumentieren, dass vieles dafür spricht, ein Portfolio zu halten, das sowohl Indexanlagen als auch aktiv verwaltete Lösungen enthält. Wie diese beiden Ansätze miteinander in Einklang gebracht werden, hängt vom Anlageziel, dem Zeithorizont und der Risikobereitschaft (gemessen am Tracking Error oder an den Verlusten) des Anlegers ab.
Die Aktiv-Passiv-Debatte
Die Entscheidung für eine passive Anlage ist immer noch eine aktive Entscheidung. Der Index Industry Association4 zufolge gibt es über drei Millionen Aktienindizes weltweit – das sind fünfzigmal mehr Indizes als Aktien5! Die Auswahl eines Index oder mehrerer Indizes verlangt vom Anleger eine aktive Entscheidung.
Der nächste Punkt ist das Risiko. Wenn ein Anleger mehr Aktien über einen Indexfonds hält, ist die Erwartung, dass er von den Vorteilen der Diversifikation profitieren wird. Aber ist das Halten von allen möglichen Vermögenswerten, unabhängig von Qualität oder Bewertung, wirklich der beste Weg für Anleger, ihr Portfolio zu diversifizieren? Da sich so viele Manager und Anleger auf das relative Risiko konzentrieren, war der Markt ein sicherer Zufluchtsort. Aber ist die Gewichtung einer Anlage anhand der Größe überhaupt sinnvoll, wenn man bedenkt, dass die bekanntesten und am meisten investierten Indizes in der Regel marktkapitalisierungsgewichtet sind? Ein Anleger hofft vielleicht, von der „Weisheit der Masse“ zu profitieren, landet aber stattdessen in einem überfragten Segment. Bei einem Bullenmarkt können insbesondere marktkapitalisierungsgewichtete Indizes zunehmend voreingenommen und asymmetrisch werden, da die Bewertungen von Titeln, die als „Gewinner“ gesehen werden, über das Niveau steigen, das von den Fundamentaldaten gerechtfertigt ist, und die Gewichtung dieser „Gewinner“ in den passiven Indizes automatisch steigt. Aktuelles Research6 von Morgan Stanley zeigt, dass die Konzentration des S&P 500 im historischen Vergleich extrem hoch ist, was die Anfälligkeit für eine steile Korrektur erhöht, wenn im Zyklus ein Wendepunkt eintritt oder sich die Aufmerksamkeit dem nächsten spannenden Thema zuwendet.
Das Risiko steigt noch höher, da die größten Titel, die mehrere Aktienindizes dominieren, viele Gemeinsamkeiten teilen. Im S&P 500 wurden die positiven Kursentwicklungen einiger großen Indexkomponenten zuletzt von euphorischen Gewinnerwartungen rund um das Potenzial der generativen künstlichen Intelligenz angetrieben. Natürlich kann ein Anleger versuchen, dieses thematische Risiko durch einen globalen Index zu diversifizieren. Da die Gewichtung der USA in globalen Indizes aber inzwischen ein Allzeithoch erreicht hat7, erhalten sie möglicherweise nicht das gewünschte Ausmaß an Diversifizierung. Versucht man dies zu umgehen, indem man sich für eine gleichgewichtete Alternative entscheidet, könnte man Chancen verpassen die sich durch aktuelle Verzerrungen ergeben.
Der Vorteil eines selektiven Vorgehens
Obwohl passive Fonds ein breites Spektrum abdecken und einen kostengünstigen Zugang zu taktischen Themen anbieten, besteht immer noch die Möglichkeit, selektiv zu sein– insbesondere angesichts möglicher Indexverzerrungen. Wenn sich Aktienkurse von den Fundamentaldaten lösen, können Aktienexperten bei der Einzeltitelauswahl profitieren – sofern sie sich einen langfristigen Anlagehorizont erlauben können und falls ein Aufschwung, der auf einseitigen Bewertungskennzahlen basiert, noch weiteren Spielraum nach oben hat.
Wie auch bei passiven Anlagen haben Anleger die Qual der Wahl, wenn es um die Auswahl eines aktiven Aktienmanagers geht. Nicht zuletzt, weil die Einschränkungen des Tracking Errors einiger aktiver Manager das Aktiv-Passiv-Gleichgewicht, das ein Anleger möglicherweise anstrebt, beeinflussen können. Wir glauben, dass die konzentrierten, benchmarkunabhängigen Strategien unseres Teams ein sinnvolles Gegengewicht zu Indexanlagen bieten. Warum?
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Ein Artikel im US-Magazin „The New Yorker“8 aus dem Jahr 2016 gab der Befürchtung Ausdruck, dass angesichts der zunehmenden Beliebtheit von passiven Anlagen Anlageentscheidungen zunehmend automatisch getroffen werden könnten, da das Geld unabhängig von traditionellen Anlageerwägungen wie Preis, Volatilität oder dem Überzeugungsgrad in die größten Unternehmen fließt. In einem Umfeld, in dem die größten Unternehmen einen größeren Anteil des Index ausmachen, kann eine Bottom-up-Strategie mit einem Schwerpunkt auf hochwertigen Unternehmen mit einer stetigen, widerstandsfähigen Kapitalvermehrung unseres Erachtens eine sinnvolle Ergänzung darstellen – insbesondere wenn es am Markt zu einem Abschwung kommt – den Anlegern eine Möglichkeit bietet, um sich von der Menge abzusetzen. Wie Benjamin Graham sagt: „Um an der Wall Street Erfolg zu haben, muss man zwei Dinge richtig machen: Erstens richtig denken und zweitens unabhängig denken.“
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